Logo
01 AitaFlury HochbergerstrasseBasel
02 AitaFlury HochbergerstrasseBasel
03 AitaFlury Hochbergerstrasse
04 AitaFlury HochbergerstrasseBasel
01 AitaFlury Hochbergerstrasse Situation
02 AitaFlury Hochbergerstrasse EG
03 AitaFlury Hochbergerstrasse 1.OG
04 AitaFlury Hochbergerstrasse 2.OG
05 AitaFlury Hochbergerstrasse DG
06 AitaFlury Hochbergerstrasse Schnitt
07 AitaFlury Hochbergerstrasse Schnitt
08 AitaFlury Hochbergerstrasse GR100
09 AitaFlury Hochbergerstrasse Moebel
10 AitaFlury Hochbergerstrasse Konstruktion

Ausgangslage

Der Wettbewerbsperimeter für den neuen 3-fach Kiga und Tagesbetreuung Iddastrasse ist stark von seiner topografischen Lage und seiner landschaftlichen Umgebung geprägt: Das L-förmige Areal liegt am sanft ansteigenden, Südwest

 

Ausgangslage

Das 1965 als Gebäude für die Verwaltung der Schweizerischen Rheinhäfen erstellte Haus Hochbergerstrasse 158 liegt an städtebaulich attraktiver Lage in der Nähe der Mündung des kleinen Flusses Wiese in den Rhein. Das Gebäude bildet den Abschluss einer Wohnhauszeile und ist im Nordosten an ein Wohnhaus aus den 1980-er Jahren angebaut. Westlich wird es von einem Verwaltungsgebäude des Rheinhafens flankiert, welches zusammen mit der Umschlaghalle im Norden eine industrielle Stimmung etabliert. Nach Südwesten hin profitiert der längliche, kubische Bau vom Ausblick auf das begrünte Flussufer der Wiese. Im Innern ist der Bestand geprägt von seinem Büroraster mit Achsabständen von 1.77m und den kräftigen Scheibenstützen entlang der Fassaden und des Mittelbereichs (ehemaliger Korridor).

 

Die kollektiven Räume

Die Mitte des Hauses wird als neuer gemeinschaftlicher Aufenthalts- und Erschliessungsraum interpretiert: die geschickte Anordnung von Treppe und Lift macht es möglich auf einem zu den Wohnniveaus versetzten Splitlevel-Niveau allgemeine Aufenthaltsbereiche mit zugehörigen Balkonen von angenehmer Grösse zu installieren. Der „Trick“ des Splitlevels löst zudem auf elegante Weise die behindertengerechte Erschliessung des Gebäudes über den Haupteingang von Südwesten her.

 

Die Waschküchen selber sind auf den Wohnungsniveaus angeordnet, stehen aber in direkter optischer Beziehung zu Aufenthalts- und Erschliessungsraum und sind Teil dieser Raumfigur.

 

Die vermietbaren Ateliers liegen im 1.UG im eingeschossigen Anbau und werden über neu eingeschnittene Innenhöfe optimal belichtet. Die Innenhöfe sind zudem begehbar und bieten einen schattigen Aufenthaltsort für die heissen Sommertage. Im Zusammenhang mit der darüber liegenden Dachgartenlandschaft im Schutze der Umschlaghallen- und der neuen Nordostfassade entsteht räumlich ein mehrgeschossiger Hofbereich mit einer dichten, aneigenbaren Atmosphäre für gemeinschaftlichen Aktivitäten. Der Aussenraum im EG bietet dabei 4 Teilbereiche mit total rund 200m2 Fläche, die frei gestalt- und bepflanzbar sind.

 

Der Gemeinschaftsraum mit seinen Nebenräumen wird im Dachgeschoss an bester Lage nach Süden/Westen angeordnet. Ihm ist nochmals eine allgemeine Dachterrasse von 105m2 zugeordnet.

 

Die Dachfläche wird für die Installation einer PV-Anlage ganzflächig genutzt. Der jetzige Treppenaufgang aufs Dach wird aufgehoben - eine ausziehbare Leiter ermöglicht den Dachausstieg im Wartungsfall.

 

Wohnungen

Die Anzahl der gewünschten Kleinwohnungen bedingt für alle Geschosse ein Durchwohnprinzip von Nordost nach Südwest. Die Wohnungen werden dabei über einen hofseitigen Korridor erschlossen (aus baugesetzlichen Gründen ist dieser nicht als offener Laubengang ausgebildet).

 

TYP A + B

Die 4 Regelgeschosse EG - 3.OG zeigen als Haupttypen 24 Wohnungen mit jeweils 43.0m2/44.0m2 Nutzfläche, die als offenes Studio genutzt oder in eine 2 Zi- Wohnung unterteilt werden kann. Die Wohnungsbreiten werden durch 2 ehemalige Büroraster (3.54m) bestimmt.

 

Die Nasszellen sind dabei in der Mitte der Gesamttiefe im ehemaligen Korridorbereich angeordnet und zonieren die Wohnungen in einen hof- und in einen strassenseitigen Bereich. Im EG und im 1.OG (Typ A) ist der Nasszellenbereich so ausgebildet, dass die vorgeschriebene Belichtung von 2m Breite von der Strassenseite her durchgängig eingehalten wird: das Bad ist als Schrankbad konzipiert, das im geschlossenen Zustand minimiert ist, geöffnet aber den ganzen mittleren Bereich beansprucht und damit Pro Cap konform ist. Im 2.OG/3.OG (Typ B) wird das Bad hingegen als normales behindertengängiges Bad ausgebildet, welches die Fläche stärker in ein Vorne und Hinten zoniert.

 

Die Benutzbarkeit/Bespielbarkeit der Wohnungen Typ A + B zeigt sich als sehr flexibel, indem die Küchenposition individuell gewählt werden kann: Sowohl hof- als auch strassenseitig werden Küchenanschlüsse vorgesehen. Die Küchen selber bestehen aus 2 Modulen, die an den bevorzugten Ort gestellt werden können. Dies ermöglicht die Auswahl der Wohnsituation - Schlafen/Zimmer zum Hof oder Wohnen/Küche zum Hof, oder „das Bett ist das Wohnzimmer“ nach Süden:  Alle Möblierungsformen sind möglich und individuell vom Mieter bestimmbar.

 

TYP C

In den 4 Regelgeschossen (EG-3.OG) werden die mittigen Gemeinschaftsräume von insgesamt 8 Wohnungen von je 58.5m2 bzw. 59.5m2 Fläche flankiert. Diese sind entweder als offenes Studio nutzbar, als 2-Zi Wohnung oder im Extremfall als 3-Zi Wohnung. Nach Süden profitieren diese Wohnungen von einer Verbreiterung auf 3 Büroraster (5.31m), hofseitig sind sie 3.54m breit.

 

Bei diesen Wohnungen befinden sich die Nasszellen als auch die Küchen im mittleren Bereich. Ein kleiner Schlafraum nach Süden erinnert an Alkoven (Bettnischen). Ein nach Norm behindertengerechtes Schlafzimmer ist aber auch nach zum Hof hin möglich, indem dort das Zimmer mit einer Falttüre abgetrennt werden kann.

 

TYP D

Bei der Typ D Wohnung (45.0m2) handelt es sich um eine einzelne Wohnung im DG, die nicht durchgesteckt ist, aber über das Treppenhaus von Norden her trotzdem auch zweiseitig belichtet ist. Sie ist als 2 Zi-Whg oder Studio konzipiert und profitiert von einer privaten Dachterrasse (12.0m2).

 

TYP E

Die beiden grössten Wohnungen (74.0m2/70.0m2) zeigen 3 Zimmer und eine Wohnküche und sind ebenfalls im DG angeordnet. Sie sind ebenfalls zweiseitig belichtet und profitieren von privaten Terrassen (je 12m2) nach Süden. Die Küchen sind gleichzeitig Eingangsraum, die Nasszellen liegen wiederum mittig und zwischen den Zimmern wird jeweils eine Ankleide eingeführt. Die Wohnungen profitieren von einer „Rundlaufsituation“.

 

Wohnungstrennwände aus Lehmsteinen

Die Atmosphäre der Wohnungen wird stark durch die Materialität der neuen Wohnungstrennwände geprägt, die aus vorfabrizierten Lehmsteinen gemauert werden. Es handelt sich um stabilisierte Lehmsteine im Grossformat, Terrapad S, die als einschalige Konstruktion von 200mm sehr gute Schalldämmwerte zeigen. Zusammen mit den rauhen Betondecken und Anhydritböden, etablieren sie eine rohe, archaische Atmosphäre, erden die länglichen Raumformate, indem sie Struktur und Halt geben.

 

Raumhaltige, bewohnbare Fassaden und innere Verglasungen

Die beträchtliche Gesamttiefe (13.6m) der durchgesteckten Wohnungen findet jeweils auf den Kurzseiten ein plastisches Ende, indem diese Raumbegrenzungen nischenartig ausgebildet sind: Die Verglasung der Südfassade springt zwischen den beiden Ebenen der Stützenscheiben hin und her. Damit wird einerseits ein aussen angeschlagenes, von innen bewohnbares (Sitzbank) Fenster etabliert und andererseits ein innenliegendes Fenster, dessen Faltverglasung komplett öffenbar ist: es entsteht ein französischer Balkon, der den Aussenraum mit dem Innenraum verzahnt und einen privaten Austritt nach Aussen ermöglicht.

 

Die Wohnungsverglasung zum Korridor baut ebenfalls auf dem Verzahnungsprinzip auf: Der Gang wird im Bereich der Eingangstüren leicht aufgeweitet, sodass sich im Innern der Wohnung eine Nische bildet, die mit verschiedenen Möbelelementen bestückt werden kann. So ist an dieser Stelle eine Tischplatte mit Schublade, ein Garderobenbrett mit Kleiderstange oder auch ein Sideboard denkbar. Diese Elemente, wie evt. auch weitere Schrankmodule (vgl. Axos) könnten ebenfalls zur fixen Ausstattung der Wohnung gehören.

 

Die Tiefe der Stützenscheiben entlang der Korridorfassaden zum Hof ermöglicht die Ausfachung jedes zweiten Rasters mit Sitzbänken (darunter ist z.B. die Lagerung von Schuhen möglich). In den anderen Rastern können die grossen Schiebefenster komplett geöffnet werden, sodass von innen her Wäschehängerahmen ausgeklappt werden können. Sitzbänke, Geländer und Wäschehängrahmen dienen als verbindende Elemente zum hinteren kollektiven Dachgarten.

 

Fassaden und Ausdruck

Der von der Horizontalen geprägte Ausdruck des ehemaligen Bürogebäudes wird bei der Südfassade des neuen Wohnhauses in eine stehende Gliederung gebracht, die von den inneren Verhältnissen berichtet. Durch die gewählte ondulierende Anordnung der Verglasung entsteht zudem eine feinplastische Abwicklung, die im Mittelteil der gemeinschaftlichen Loggias/Eingangsbereich kulminiert. Die Fassade zeigt einen gleichzeitig lebhaften als auch ruhigen Ausdruck - sie bildet einen freundlich-würdigen Hintergrund für den kollektiven städtischen Raum am Wieseufer.

 

Auch auf der Hofseite werden die Verglasungen raumhoch, die Plastizität wird hier aber zurückhaltender entwickelt. Neben den grossen Schiebefenstern mit den ausklappbaren Wäschehängerahmen ist die Fassade zudem vom mehrheitlich geschlossenen Treppenhausturm geprägt, dessen Wände mit Akustikklinkern verkleidet werden. Die Akustikklinker bilden auch das Material des Attikageschosses sowie die Wände der Loggias und referenzieren auf die Kalksandsteinwände des Industriegebäudes im Norden.

 

Die geschlossenen Elemente der beiden Hauptfassaden bestehen aus vorfabrizierten Betonelementen in unterschiedlicher Rauigkeit (gestockt, gesäuert allenfalls Trasstonelemente). Sie erinnern in ihrer Materialität an den Bestand, sind aber anders gefügt, sodass ein feintektonisches Relief entsteht.

 

Tragwerk

Die vertikale Lastabtragung des bestehenden Bauwerks erfolgt über 16 cm starke Flachdecken, welche entlang der Fassadenebenen und zwei innenliegenden Trägerachsen gelagert sind. Diese Trägerachsen durchlaufen das Gebäude auf ganzer Länge und sind im Regelfall als Unterzüge ausgebildet, welche in regelmässigem Abstand auf Stützen und Wandscheiben gelagert sind und die Lasten bis zu den Fundationen hinunter leiten. Dieses Tragwerkkonzept zur vertikalen Lastabtragung wird auch nach dem Umbau weitgehend beibehalten bzw. durch neue Bauteile ersetzt und ergänzt.

 

Die normative Lastabtragung für horizontale Einwirkungen aus Erdbeben oder Wind ist beim bestehenden Gebäude in Längsrichtung nicht gegeben. Deshalb wird eine neue, durchgehende Wandscheibe entlang der Fassade im Bereich der neuen Erschliessungszone eingeführt. Diese reicht bei weitgehend unveränderter Steifigkeit vom DG bis zu den Fundationen im 2. UG. Die angrenzenden Geschossdeckenbereiche werden neu erstellt, sodass auch die Krafteinleitung aus den Geschossdecken in die Erdbebenscheibe sichergestellt werden kann. Dafür wird die Bewehrung bei den Abbrucharbeiten in den Anschlussbereichen zu den bestehenden Geschossdecken erhalten und wo erforderlich durch zusätzliche neue Bewehrung ergänzt. Die asymmetrische Anordnung dieser neuen Wandscheibe wird mit den genügend vorhandenen und optimal gelegenen Wandscheiben in Querrichtung kompensiert.

 

In Gebäudequerrichtung kann die Lastabtragung für horizontale Einwirkungen mit den vorhandenen Betonwänden und dem neuen Liftkern sichergestellt werden.

 

Die Eingriffe im Eingangs/Aufenthalts- und Erschliessungsbereich tangieren das bestehende Konzept der Lastabtragung nicht nachteilig. So werden die Stützen durch die versetzen Geschossdecken zwar einseitig belastet, durch den monolithischen Anschluss aber gleichzeitig stabilisiert.

 

Laut Machbarkeitsstudie sind Ertüchtigungen bei den bestehenden Krafteinleitungen aus den Flachdecken in die Fassadenstützen infolge ungenügend vorhandener Durchstanzwiderstände erforderlich. Dies kann mit nachträglich eingebauten Durchstanzdübel oder mit aufgeklebten CFK-Lamellen zur Erhöhung der Biegewiderstände erreicht werden. Die vorhandenen Brüstungen sind gemäss Machbarkeitsstudie nichttragend und werden abgebrochen. Der Verlust der Deckenrandsteifigkeit wird mit CFK Lamellen kompensiert oder die Deckenränder werden neu erstellt, womit auch die ungenügenden Durchstanzwiderstände behoben werden können.

 

Mittels CFK-Lamellen werden auch Lastumlagerungen in den Geschossdecken infolge zusätzlich erforderlicher Deckendurchbrüche aufgenommen.

 

Gemäss Bericht in der Machbarkeitsstudie sind die bestehenden Geschossdecken bezüglich Deformationen als kritisch einzustufen und im Rahmen der Weiterbearbeitung zu prüfen bzw. zu ertüchtigen. Das Konzept mit den übereinanderstehenden Wohnungstrennwänden lässt die Möglichkeit offen, zusätzliche tragende Bauteile wie Stützen oder kurze Wandscheiben einzuführen, welche dadurch die Deckenspannweiten und damit die Deformationen massiv reduziert. Diese zusätzlichen Lastabtragelemente können bei der Decke über EG, wo der Rasten unterbrochen wird, beispielsweise mit aufgeklebten Lamellen abgefangen werden. Ansonsten lässt das klar strukturierte Tragwerkskonzept grosse Flexibilität für spätere Umnutzungen oder Zusammenlegen von Wohnungen zu.

 

 

 

Hochbergerstrasse Basel

Wettbewerb

Basel 2020

 

Architektin:

Aita Flury

 

Ingenieure:

Conzett Bronzini Partner AG


Hochbergerstrasse HansMeyer

Hochbergerstrasse Basel

Hans Meyer 1965